Anspiel und Ansprache im Familiengottesdienst: Martin von Tours - Selig sind die Sanftmütigen

  • 12.11.2017 , Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres
  • Pfarrerin Taddiken

Anspiel und Ansprache im Familiengottesdienst am 12. November 2017

Anspiel: Die Legende von Martin von Tours vor dem Kaiser Julian 


Erzähler: Die Taufe und diese besondere Kraft von Gott haben schon seit Jahrhunderten Menschen Mut gemacht, für etwas Gutes einzustehen. Von einer ziemlich bekannten Person erzählt unsere Legende. Dazu reisen wir in das Jahr 356. Martin, ein Soldat, war nach einem besonderen Erlebnis Christ geworden, er hatte die Bibel gelesen und sich taufen lassen. Aber eigentlich war er ja ein römischer Soldat, wie schon sein Vater. Der römische Kaiser Julian hatte ein großes Heer.
Eines Tages kam der Kaiser persönlich zu seinen Soldaten. Was hatte das zu bedeuten?

Diener 1: Seine Majestät, der Kaiser. (Julian tritt auf)
Julian: Ihr habt tapfer gekämpft, Männer. Ab morgen geht es gegen die Germanen. Ich erwarte einen weiteren Sieg. Aber heute gibt es erst einmal für jeden von Euch ein Geschenk. (Diener teilt Geld aus)
Diener 2: Was ist los? He, was willst du? (Martin geht einfach vor zum Kaiser und verbeugt sich.)
Julian: Was willst du, Soldat?
Martin: Bis heute habe ich euch gedient, Majestät. Gestattet mir nun, Gott zu dienen. Euer Geld mag in Empfang nehmen, wer auch in den Krieg zieht. Ich aber diene jetzt Christus. Mir ist es nicht erlaubt, gegen Menschen zu kämpfen. (Er legt Schwert und Helm ab)
Julian: Du wagst es...?
Diener 1: Majestät. Er ist schon bekannt als Spinner. Er verschenkt seinen Besitz an Arme.
Diener 2: Letztens hat er seinen Mantel mit einem Bettler geteilt. (Soldaten lachen)
Julian: Du willst also nicht kämpfen?
Martin: So ist es. Mein Glaube verbietet mir das. Jesus Christus sagt: Selig sind, die Frieden schaffen und die barmherzig sind. Selig sind die Sanftmütigen, sie werden das Erdreich besitzen.
Julian: Die Sanftmütigen... das Erdreich besitzen? Was soll denn das überhaupt heißen, sanftmütig!
Martin: Sanft und dennoch mutig.
Julian: Mutig? Du bist ein Feigling! Du willst dich vor dem Kampf drücken!
Martin: Wenn Ihr das glaubt, dann schickt mich unbewaffnet nur mit meinem Kreuz in den Kampf.
Julian: Ich nehme dich beim Wort. Nehmt ihn fest! Unbewaffnet gegen die Germanen... ein Verrückter! Mit solchen Soldaten lässt sich kein Krieg gewinnen!
(Germanen mit weißer Flagge ziehen ein. Diener 2 eilt ihnen entgegen, geht dann zum Kaiser zurück.)
Diener 1: Majestät, äh... ich glaube, wir brauchen gar keine Soldaten mehr...Die Germanen tragen eine weiße Flagge... äh... sie wollen ... Frieden.
Julian: Was wollen die Germanen?
Diener 2: Frieden. Sie wollen Friedensverhandlungen aufnehmen.
Julian: Schickt die Soldaten nach Hause. Und dieser ... Sanftmütige soll auch gehen.

Ja, liebe Kinder und liebe Erwachsene, das war wirklich mutig von Martin. Ich weiß nicht: Ob ich mich das getraut hätte vor dem Kaiser. Zu sagen: Ich mach das nicht. Ich halte Krieg und Gewalt nicht für den richtigen Weg. Das hätte Martin den Kopf kosten können. Denn römische Kaiser gehören zu der Sorte, für die ein Menschenleben nichts zählt und die keine Kritik an sich dulden, weil sie sich eigentlich selbst für Gott halten. Die gibt's heute noch. Die römischen Kaiser nicht. Aber diese Typen. Aber Martin war mutig. Und stark. Sanft-mütig. Ein tolles Wort ist das. Es ist von Jesus selbst. Selig, glücklich sind die Sanftmütigen. Also, die die den Mut haben, auf den anderen offen und unbewaffnet, nur mit Worten und einer Überzeugung entgegenzutreten. Kein Schwert, keine Pistole, kein Geschrei, sondern in ganz normaler Lautstärke. Das heißt „sanft" Mit ihm zu reden, wenn Probleme gelöst werden müssen. Sogar jemandem, den man gar nicht abkann und wo man auch fast keine Chance sieht. Römer und Germanen - das ging eigentlich gar nicht. Und das gibt es ja heute auch bei uns, dass man dem anderen eigentlich lieber mal ordentlich eins auf's Dach geben möchte. Aber Martin hatte eins von Jesus verstanden und gelernt: Das ist zwar menschlich - aber das bringt nichts. Von einem getauften Christenmenschen erwartet Gott mehr. Nämlich: Dass er immer den schwereren Weg wählt. Dass er diese Gefühle von Hass und Gewalt in sich überwinden kann. Dass er überlegt, wie kann eine gute Lösung für uns alle aussehen. Und das ist ja nicht immer so einfach. Das kostet Kraft, dazu brauche ich all meine Konzentration. Wer sanft sein will, muss auch stark sein. Der ist eben nicht feige. Der kämpft auch. Aber mit anderen Mitteln. Aber warum konnte Martin das? Und wie können wir das- wie können wir so sanftmütig sein wie er? Es gibt drei Dinge glaube ich, die man aus Martins Geschichte lernen kann.

Zum ersten: Wenn ich glaube, dass Gott der Vater aller Menschen ist, also so, wie wir es vorhin in unserem Psalm gebetet und bekannt haben, dann gilt konsequent: Alle Menschen sind erst einmal auch Kinder Gottes - also wie Geschwister. Und wenn das so ist, dann kann ich ja auch glauben: Der andere kann genauso denken und fühlen wie ich. Ich kann ihm so gut oder so schlecht wie mir selbst zutrauen, dass er zum Guten fähig ist. Dass er das Gute will so wie ich auch. Da kann man dann sogar damit rechnen, dass die Germanen fähig sind zum Nachdenken, dass es auch ohne Krieg geht.

Zum zweiten: Wenn Gott Gott ist - dann ist es kein anderer, so mächtig er sich auch aufspielt oder wie sehr auch immer er gefürchtet wird. Wo sich einer an die Stelle Gottes setzt, wo jemand Menschen für seine Zwecke missbraucht, wo er sie abhängig macht von sich und unter Druck setzt. Und wo keine Kritik geduldet wird - aber gerade da ist diese Kritik gefragt und wird von uns erwartet. Sanft - aber mütig.

Und das dritte, und das ist das Entscheidende: Ja, der Mut ist gefragt. Aber wir haben das Wichtigste dafür schon bekommen. Und zwar geschenkt. Bei unserer Taufe. Da sagt Jesus uns: Ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende. Das ist der Grund, warum wir uns nicht fürchten sollen vor solchen Typen wie den römischen Kaisern. Sie können uns das nicht nehmen. Das sagt Jesus seinen ängstlichen Jüngern immer wieder, ihr könnt das nachlesen in der Bibel. Und wenn wir gelernt haben, dass zu glauben, dann können wir auch daran glauben, dass unsere Fähigkeiten und Phantasie stark sein können, um etwas zu verändern. Um die Probleme anzugehen. Immer wieder muss da mal einer den Anfang machen und sanft - mütig voran gehen. An einen haben wir in der letzten Zeit dabei häufiger gedacht, der seinen Namen nach diesem Martin von Tours bekommen hat und dessen Tauftag gestern am 11. November gewesen ist: Martin Luther. Der hat mal entdeckt in seinem Leben: Ich muss keine Angst um mich selbst haben. Und das hat ihn frei gemacht auch dem Papst und dem Kaiser zu widersprechen.

Sanft-mütig sein. O je, das ist dennoch schwer. Aber Jesus sagt: Das wird Euch selig machen. Er spornt uns dazu an, stärkt uns den Rücken. Ist uns nahe. Ja, sollen sie uns doch alle Spinner nennen, wie die anderen Soldaten Martin genannt haben. Denn eigentlich bewundern sie einen, das können sie nur nicht sagen. Also: Habt Ihr den Mut zum Sanft-Mut? Überlegt es mal in dieser Woche...

Britta Taddiken, Pfarrerin an der Thomaskirche, taddiken@thomaskirche.org