Ansprache am Ostermontag

  • 13.04.2020 , Ostermontag
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Im Osterevangelium für den heutigen Tag begegnet der auferstandene Christus den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus.

Wo liegt dieser Ort eigentlich? Diese Frage bewegt Menschen seit zweitausend Jahren.

Auch gibt es gelegentlich Streit darüber, welcher Ort das biblische Emmaus sei. Wer Emmaus auf der Landkarte suchen will, an dem wird das Evangelium vorbeiziehen. Emmaus ist vielmehr eine Weggeschichte. Hören wir sie als Gedicht.

"Wir wussten nicht, es war der Ostertag.
Wir waren unterwegs bei schrägem Sonnenlicht,
da uns der Tempelberg schon längst im Rücken lag, und noch von Emmaus kein Dach in Sicht."

"Sahn das Land an uns vorübergleiten,
während wir hindurchgewandert sind:
Menschen, Orte, viele Jahreszeiten,
Vogelflug in unerreichten Weiten,
hin und wieder schon der Abendwind."

"Neben unsern Schritten seine Schritte,
der er sich plötzlich zu uns gesellt.
Im finstern Tal ging er in unsrer Mitte.
In unserm Zwiegespräch war er der Dritte.
Und er erklärte durch sein Wort die Welt. 
Er zog mit uns in wechselnden Gestalten,
uns sehr vertraut, uns völlig unbekannt.
Zuweilen konnten wir sein Bild behalten.
Im Neugewordnen sahen wir den Alten,
und seltsam hat in uns das Herz gebrannt."

"Nun, da der Tag sich neigt und wir die Tür aufklinken, brennt schon die Lampe,
ist der Tisch gedeckt.
und Brot zu essen, Wein ist da zu trinken.
Es ist wie Aufgang mitten im Versinken,
und nun am Abend werden wir geweckt.

Der dort am Tische sitzt
und uns das Brot gebrochen
und der mit uns im Wechselwort gesprochen,
der Herr, mit dem wir redeten und handelten,
der dort am Tische sitzt 
und uns den Kelch gesegnet
und der so vielgestaltig uns begegnet,
er blieb sich immer gleich,
 
doch wir sind die Verwandelten.

In der Thomaskirche ist eine Szene des heutigen Oster-Evangeliums im Fensterbild aus dem Altarraum festgehalten. Die Jünger erkennen den auferstandenen Christus beim Brotbrechen. (siehe unten)

Das Gedicht von Klaus-Peter Hertzsch ist noch nicht zu Ende. Ein Satz fehlt. Es ist der entscheidende, dem eigenen Leben, Wendung gebende Satz. Ohne ihn wäre alles nur schöne Geschichte mit ein paar lichten Momenten, die das Leben erklären und uns dann wieder im alten Trott auf dem Weg nach Emmaus versinken lassen. Emmaus ist nicht der Ort der Einkehr. Gewiss sind Brot und Wein wichtig als Stärkung für das, was jetzt folgt.

"Noch am Abend brechen wir auf."

Emmaus wird zum Ort der Umkehr.
Darin lässt sich das Evangelium von Lukas verdichten. 

Wo das Herz brennt, kommt Bewegung in das eigene Leben. Und wer Christus begegnet, der verwandelt sich. Solch österlich verwandelte Menschen aber verwandeln das Angesicht der Welt zum Guten. Das haben wir bitter nötig. Amen.

Bleiben Sie behütet.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Osterwoche.

Ihr Thomaspfarrer

Martin Hundertmark