Meditation zur Christnacht Komplet Heiligabend 2023

  • 24.12.2023 , 4. Advent, Heiliger Abend
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Meditation zur Christnacht am 24.12.2023, St. Thomas zu Leipzig

 

Heilige Nacht, Nacht aller Nächte,

wie schön bist du doch in diesem Jahr

vertraut durch immer wiederkehrende Worte

Melodien lassen die Seele klingen.

Seit Jahrhunderten tun sie ihr

weihnachtliches gutes Werk.

Tröstend, Freude schenkend verbinden sich Worte und Töne zum Evangelium – frohe Botschaft

in friedloser Gegenwart.

Stille Nacht, Heilige Nacht.

Finster ist das Land, in dem wir wohnen.

Erkaltete Liebe lässt

Mitmenschlichkeit erstarren.

Doch wir sehen es, das Licht deiner Geburt.

Es wird zum Licht unserer Menschlichkeit.

Stille Nacht, Heilige Nacht.

Hell leuchten deine Sterne uns den Weg

Zu dem einen Stern.

Er strahlt als Licht der Welt,

damit das im Finstern wandelnde Volk der Finsternis entfliehen kann.

 

Liebe Heilige-Nacht-Gemeinde,

Friede auf Erden verkündet der Engel. Seine Worte hallen hinein in die friedlose Welt. Sie werden übertönt vom Schwirren der Drohnen und vom Knall der Kampfjets. Sie gehen unter im Geheul der Geschosse. Frieden auf Erden ist im Kriegsgebiet sehnsüchtiger Wunsch. Unerfüllt verflüchtigt er sich im höhnischen Gelächter der Geiselnehmer.

Angst auf Erden wäre die realistischere Botschaft.

Weihnachtsevangelium ist anders. Es will hindurchdringen durch die verkrustete Wand hin zum Menschen, um ihn an seine Menschlichkeit zu erinnern. Weihnachtsevangelium will einreißen, was wir in unserem Selbstschutzwahn turmhoch um Herz und Seele gebaut haben. Weihnachtsevangelium will den puren Menschen, so wie er am Anfang war, nackt, unvollkommen, angewiesen auf Hilfe. Dafür steht das Kind in der Krippe. Zu ihm hin machen sich alle auf den Weg. Zuerst die Hirten mit ihrem abgedroschenen Alltag, von dem nichts weiter zu erwarten war als Demütigung, Verachtung und Arbeitsdruck, um das bisschen Leben zu erhalten. Ohne Liebe und Respekt verlebt sich dieses Leben und wird durch den Fruststrudel immer weiter ins Bedeutungslose Nichts gezogen. Nichts erwarten, um nicht weiter enttäuscht zu werden. Vielleicht hat solch ein Motto die Hirten am Boden gehalten, um genauso viel Kraft zu haben, dass der nächste Tag bestanden werden konnte.

Friede auf Erden verkündet der Engel.

Seine Worte erschrecken und bewegen zugleich.

Bewegende Worte, die zu Herzen gehen,

um dort heilsam wirkmächtig zu sein.

Damit aus sehnsuchtsvollem Wunsch Wirklichkeit wird, brauchen die Worte des Engels eine Chance. Sie können sich nur in der Begegnung zwischen Himmlischer Verheißung und irdischer Realität erfüllen. Deshalb brechen alle auf zur Krippe.

Die Schritte sind von unglaublicher Neugier beflügelt oder werden gelenkt vom letzten Hoffnungsrest.

Und dann das Wunder der Heiligen Nacht.

Im Krippenkind zeigt sich uns ein Gott, der es ernst meint mit dem Menschsein. Deshalb steigt er hinunter in die tiefsten Tiefen menschlichen Seins bis hin zu Folter, Qual, Verrat und Tod. Davon weiß das Krippenkind noch nichts und lächelt so, wie es nur ein unschuldiges Kind vermag. Im erdgebundenen Gott als Kind in der Krippe entdecken die Krippenbesucher: Hier ist nichts egal.

Gott meint es mit mir ernst. Seine Liebe gilt mir, auch dann, wenn ich mich selbst gar nicht mehr lieben kann. Gott schaut nicht weg, wenn es elend wird.

Er schaut mich an und sieht auch das, was ich gerne verstecken will. Hinter der hell getynchten Fassade  ist es oft dunkel und es bröckelt in den Fugen.

Die weihnachtliche Gottesliebe entfaltet so viel kraftvolle Wärme, dass die Krippenbesucher zu freudig verwandelten Heimkehrern werden.

Sie kehren zurück mit der Krippenkindliebe im Herzen, dort wo die zarte, zerbrechliche Frucht des Friedens anfängt zu wachsen.

Nichts wird sofort besser, aber es wird leichter, wenn du weißt, es gibt noch etwas jenseits des Gewohnten.

Hirten und Könige haben genau das gespürt.

Deshalb erzählen sie ihre Geschichte und binden sie ein in unsere Geschichten. Und was ist mit dem Frieden auf Erden? Er fängt dort an zu wirken, wo wir der Liebe des Krippenkindes mehr zutrauen als allen anderen Kräften und Mächten.

 

Heilige Nacht, Nacht aller Nächte, wie vertraut bis du und doch jedes Jahr anders.

Du verwandelst uns durch das

zarte Leben des Kindes

im armseligen Stall.

Rette unsere armen Seelen.

Richte uns aus hin zur Liebe

des erdgebundenen Gottes.

Heilige Nacht, stille Nacht,

umhülle uns mit Deinem Geheimnis.

Und der Friede Gottes, welcher größer ist als all unser Verstehen, bewahre uns durch Jesus Christus. Amen.