Gedanken zum Tag

  • 06.04.2020
  • Pfarrerin Britta Taddiken

"Corona-Ballett“
Man merkt’s bei anderen und bei sich selbst: Da bist Du gerade noch allein auf dem Bürgersteig unterwegs – und schon kommt einer am anderen Ende der Straße aus der Bäckerei und hält auf Dich zu. Du bist schon an der Hauswand. Hält der jetzt genug Abstand? Instinktiv möchte man sich zur Hauswand drehen, die Luft anhalten oder sonst was... Genau in dem Moment kommt jemand aus der Haustür und man ist schon damit beschäftigt, mit einem geschickten Sprung zur Seite auszuweichen. „Corona-Ballett“... „Bist Du eigentlich bescheuert?“, ruft es da in mir selbst. Tja, das Gefühl für Distanz und Nähe, es verändert sich in diesen abständigen Zeiten. Und leider – und da wird es gefährlich – offensichtlich auch etwas von dem, wie wir uns als Fremde begegnen: Dem lieber nicht zu nahe kommen. Ich kann das jedenfalls für mich so sagen. Da gilt es, Gegenkräfte aufzubringen. Diese komischen Ängste unter die Füße zu nehmen. Da ist ein besserer Platz für sie, als sie durch den Kopf geistern zu lassen. Und da lerne ich gern von denen, die das jetzt schon können: Dem, der da vorbeigeht, einfach einen „Guten Tag“ zu wünschen oder zumindest freundlich anzuschauen. Dem Impuls zur Flucht bewusst nicht nachzugeben. Wir müssen jetzt lernen, mit diesem Virus zu leben. Der wird uns noch eine Weile beschäftigen mitsamt der Verunsicherung, die er in uns auslöst. Wie wird es nach dem 19. April weitergehen, wie werden wir wieder auf den Weg in das „normalere“ Leben hineinfinden? Eins ist klar: Nur indem wir einander zugewandt bleiben. Indem wir uns über Trennendes hinwegsetzen. Indem wir das wirklich wollen – und daran arbeiten. Die Diskussion darüber sollte jetzt beginnen. Dem Tod seinen Platz im Leben zuweisen. Auch darum geht es in der Karwoche und an Ostern. Bewegen wir das in uns...

Pfarrerin Britta Taddiken
taddiken@thomaskirche.org