Gedanken zum Tag

  • 06.05.2020
  • Landesbischof i.R. Christoph Kähler

Ein Schwert im Fenster der Thomaskirche

Was ist richtig, was ist falsch? Wann muss man energisch handeln und wann geduldig abwarten? Krisen verlangen rasch die richtige Antwort. Wem kann man dabei vertrauen und wer lügt dreist? Wer muss die politische Verantwortung wahrnehmen, in der Stadt, in Sachsen, in Deutschland? Die Fragen stellen sich den meisten, aber guter Rat unter chaotischen Umständen ist richtig teuer.

Nein, ich rede nicht von der Corona-Krise im Jahre 2020, sondern von der Zeit vor genau 500 Jahren. Da lebten und stritten nicht nur Martin Luther und sein Freund Philipp Melanchthon, die auf einem Glasfenster in der Thomaskirche dargestellt werden, mit anderen Theologen für die Freiheit des Glaubens. Damals verschaffte der Wettiner Friedrich III. den Wittenberger Professoren erstaunliche Freiheiten zu predigen und zu lehren. Er wird auf demselben Fenster dargestellt und steht neben Luther, obwohl er nie mit dem Reformator geredet hat. Er schultert ein Schwert auf der rechten Schulter, obwohl er nachweislich den Krieg zu vermeiden suchte. Zuschlagen kann er zwar in dieser Haltung nicht, aber er trägt das strenge Richtschwert der Obrigkeit. Das ist eine Erinnerung daran, dass Politiker bis heute buchstäblich über Tod und Leben entscheiden. Doch oft ist im Augenblick der Entscheidung nicht eindeutig, was jetzt das Leben am meisten schützt.

Friedrich, der auch der Weise genannt wird, dessen Todestag sich gestern zum 495. Mal jährt, hat wohl manches getan oder unterlassen, was uns heute befremdet. Aber er hat lange Jahre geduldig für Frieden und erstaunliche Freiheiten in seinem Kurfürstentum gesorgt und dabei seine Bauern und Bürger geschützt. Auch um ihretwillen wollte er nicht Kaiser werden.

Der heutige Lehrtext aus dem Lukasevangelium sagt, was Gott Menschen schenken will: „das Licht aus der Höhe. Es leuchtet denen, die im Dunkel und im Schatten des Todes leben. Er lenkt unsere Füße auf den Weg des Friedens.“ Friedrich der Weise ist dafür ein Vor-Bild. Gut, ihn in der Thomaskirche vor Augen zu haben.