Gedanken zum Tag

  • 01.07.2020
  • Landesbischof i.R. Christoph Kähler

Am 20. Mai 1980 wurde der Fahrzeugelektriker Hansjörg Weigel verhaftet, weil das von ihm mit anderen gegründete Friedensseminar in Königswalde wuchs und von den SED-Genossen als gefährlich angesehen wurde. In der Haft erklärte ihm der Vernehmer: „Sie werden es erleben: Die Kirche lässt sie fallen.“ Doch die Stasi täuschte sich. Das Landeskirchenamt verschickte in diesem Fall sofort die Aufforderung an alle Gemeinden, am kommenden Pfingstsonntag über diese Festnahme zu informieren und den Gefangenen in die ständige Fürbitte aufzunehmen. Die Gemeinden folgten diesem Aufruf weit über Sachsen hinaus. Es gab zwar noch weiterhin Drohungen mit langen Gefängnisstrafen und ein Lockangebot, nach dem Westen auszureisen. Schließlich aber wurde Hansjörg Weigel im Hochsommer aus der Haft nach Hause entlassen, ohne dass die Offiziere der Staatssicherheit ihn zum Verrat bewegen konnten.
Was ihm diese Haltung nahelegte, hat er später mit dem Verweis auf eine Stelle im Galaterbrief erläutert: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! (Galaterbrief 5,1)
Ende April ist Hansjörg Weigel gestorben. Ein Gottesdienst mit einer großen Gemeinde, um die Trauer über seinen Tod und den Dank für sein eindrucksvolles Leben auszusprechen, konnte jetzt nicht stattfinden. Aber die Erinnerungen an ihn und sein Leben als Zeuge für die christliche Freiheit lassen sich nicht zurückstellen.