Predigt im NachtEulenGottesdienst am 20.08.2023

  • 20.08.2023 , 11. Sonntag nach Trinitatis
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Predigt im NachtEulenGottesdienst am 20.08.2023, um 18 Uhr, St. Thomas zu Leipzig – Schöpfung – Partnerschaft auf Augenhöhe

Gottes Zuwendung sei mit Euch und der Friede unseres Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe NachtEulenGemeinde,

Da feiert ein Ehepaar Goldene Hochzeit und er bekundet, sie hätten sich in all den 50 Jahren niemals gestritten. Ungläubiges Erstaunen: „Niemals gestritten? Wie kann denn das sein?“ „Nun“, sagt er, „es kommt nur darauf an, ein für alle Male zu regeln, wer wofür zuständig ist.“ – „Und wie habt ihr das entschieden?“ – „Na, das war von Anfang an klar geregelt. Meine Frau ist für die unwichtigen Dinge zuständig und ich für die wichtigen.“ – „Und was sind die unwichtigen Dinge, für die deine Frau zuständig ist?“ – „Das sind so Sachen wie, welchen Beruf ich ergreifen soll, wo wir wohnen, wie wir unser Geld anlegen, welche Schule die Kinder besuchen usw.“ – „Das waren die unwichtigen Dinge? Und was waren dann die wichtigen, für die du zuständig warst?“ – „Na, ja, z.B., wer Fußballweltmeister wird, ob die Bundeswehr zu Auslandseinsätzen eingesetzt wird, ob der Euro bleibt und wer der nächste Papst wird.“

 

Partnerschaft auf Augenhöhe kann viele Facetten haben, liebe Gemeinde. Und Rollenbilder können über Jahrhunderte eine sehr tiefe Prägung bekommen. In unserem heutigen NachtEulenGottesdienst zum Thema Schöpfung widmen wir uns der Beziehung zwischen Mann und Frau. Auf die Frage, was denn zuerst einfällt, wenn man das Thema „Schöpfung und Bibel“ hört, bekomme ich als eine der häufigsten Antworten: Die Frau ist aus der Rippe des Mannes geschaffen. Was für ein großes Missverständnis. Versuchen wir es aufzulösen.

Gleich zu Beginn erzählt uns die Bibel von der Erschaffung der Menschen, wobei es wichtig ist zu betonen, wie hier erzählt wird. Im ersten Text aus dem 1. Kapitel des Buches Genesis, werden Mann und Frau gleichzeitig als Ebenbild Gottes geschaffen. Ihr Auftrag ist: sich die Erde untertan zu machen und sich zu vermehren. Dabei bedeutet „untertan“ ein Höchstmaß an Verantwortung. Denn wer Untertanen hat, muss für deren Sicherheit und Überleben sorgen.

Das andere Moment der Beziehung zwischen Mann und Frau ist die Sorge für Nachkommenschaft, damit die Menschen nicht aussterben. So klar und so einfach. Jedoch eine Reduzierung allein auf diesen Auftrag greift natürlich viel zu kurz, wenn wir von Partnerschaften sprechen.

Im anderen Bericht aus dem 2. Kapitel des Buches Genesis finden wir die Geschichte anders erzählt. Da wird das hebräische Wort „zela“ gewöhnlich mit „Rippe“ übersetzt, sodass die Frau aus den (man hat hier gerne überflüssig ergänzt) Rippen geschaffen wurde. „Zela“ hat vornehmlich und viel eher die Bedeutung von „Seite“. Wenn nun im ersten Schöpfungsbericht von der Gleichzeitigkeit der Schaffung von Mann und Frau sowie von der Ebenbildlichkeit die Rede ist, dann gibt es sowohl sprachlich wie auch inhaltlich keine Alternative als für die Übersetzung „Seite“ zu wählen. Gott nahm von einer seiner Seiten des Menschen und schuf daraus die Frau. Bis zu dieser Stelle ist im Schöpfungsbericht stets von „Mensch“ die Rede und nicht vom Mann. Erst hier wird der Mensch geteilt in einen weiblichen Teil und einen männlichen Teil oder um es etwas einfach auszudrücken: Gott nahm von der einen Seite des Menschen und machte daraus die Frau und was übrig blieb, wurde zum Mann. Nun schreibe ich hier keinen Gastbeitrag für die eine feministische Zeitschrift, aber der alttestamentliche Text lässt hier auch in der Lutherübersetzung kaum eine andere Wahl der Interpretation.

Wenn im späteren Verlauf der Geschichte die Frau Sehnsucht nach dem Mann hat, so drückt sich darin die Folge des Schöpfungsgeschehens aus. Denn beide sind aneinander gewiesen, aus demselben Material geschaffen und vollenden sich erst gemeinsam.

 

Am Ende der Erzählung von der Erschaffung von Mann und Frau wird von deren Bestimmung berichtet. Gott weist die beiden aneinander und sagt ihnen: „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hangen und sie werden sein ein …. Ja, was werden sie sein? „Fleisch“ so kennen wir es.

Das hebräische Wort im Urtext, der ohne die Vokalpunkte aufgeschrieben ist, lässt eine andere Interpretation zu. Die drei Buchstaben lassen sich nämlich auch mit „Botschaft“, das heißt:

eine Art „Gespräch“ übersetzen.

Sie werden also sein „ein Gespräch“.

Das ist demnach das bestimmende Moment der Partnerschaft. Neben allem Schönen und Erfüllendem, welches Sexualität bietet, ist doch entscheidend,

ob die Partner miteinander noch im Gespräch sind.

Partnerschaften, liebe Gemeinde, gehen nicht daran kaputt, wenn es im Bett einmal nicht funktioniert, sondern sie gehen grundlegend kaputt, wenn nicht mehr miteinander geredet wird.

Damit es jeder versteht, schließt sich an diesen Text die Geschichte mit der Schlange, dem so genannten Sündenfall an. Adam und Eva überstehen die Krise deshalb nicht, weil sie nicht über das Angebot der Schlange miteinander reden, sondern sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen ergehen.

 

Unsere beiden kleinen Geschichten vom Anfang der Schöpfung erzählen mitnichten von der Ehe als Institution. Sie erzählen aber von gelingender Partnerschaft. Diese wird gelingen, wo füreinander gesorgt wird und wo man im Gespräch bleibt über Gutes und Schlechtes, über Erfolg und Krise,

über Aufgaben und Freiheiten.

Gott segnet diese Partnerschaft. Amen.