Predigt in der Christvesper um 13.30 Uhr

  • 24.12.2020 , Heiliger Abend
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Finstere Nacht. Lichtsehnende Nacht.

Heilige Nacht. Weih-Nacht.

Aufgebrochen aus geschmückten Häusern,

aus alltäglicher Dunkelheit,

tristem Tag und schlafloser Nacht entflohen, suchen die Herzen das große Licht,

welches mit seinem Leuchten

die Angstwogen durchbricht.

Ein ganzes Volk, im Finstern wandelnd.

Finsteres Volk, zerrissenes Volk,

Wo wird Hoffnung schimmern?

Wird einer kommen, der erlöst?

Löst er, was sich fesselnd an sich selbst gebunden hat?

Weih-Nacht. Heilige Nacht.

Lichtsehnende Nacht. Finstere Nacht.

Liebe Gemeinde, in solche eine Nacht spricht der Engel zu den Suchenden und in Finsternis verharrenden:

„Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ Lukas 2, 10b.11

Wir brauchen diese Zusage ganz dringend.

Denn Furcht scheint immer mehr Raum zu erobern. Fürchterlich wütet das Virus und wir reiben uns verwundert die Augen, weil wir erkennen, dass unser Tun direkte Konsequenzen hat. Dabei ist die Angst vor dem Virus mindestens genauso groß wie die Angst vor den egoistischen Faktenverweigerern rund um den Globus. Beidem müssen wir widerstehen, weil

Angst niemals ein guter Ratgeber für die Gestaltung von Lebensmöglichkeiten ist.

Für einen Moment mag Furcht die Sinne schärfen und uns vor Leichtsinn bewahren. Grundlegend darf aber ein Leben niemals von Furcht geprägt werden.

„Euch ist heute der Heiland geboren“ bedeutet eine Zukunftsgarantie. Wir haben eine Zukunft selbst mitten in angstumwobener, finsterer Nacht und furchterregender Krise.

Gott will Mensch werden und verbündet sich mit uns. Sein Sohn Jesus Christus kommt nicht als irgendein Superheld auf die Erde, sondern als kleines Krippenkind – hineingeboren in das ganze Elend der Welt – aber geboren als Erlöser und Heiland. Er will heilen und retten. Zuallererst will er unsere zerbrochenen Verbindungen heilen.

Liebe Gemeinde,

Die Hirten verharrten nicht in Verzückung als in ihre Finsternis plötzlich ein Licht schien.

Sie brachen auf aus ihrem Leben, weil die frohe Botschaft plötzlich alles veränderte.

Nicht äußerlich, aber innerlich, hier im Herzen fanden sie Frieden. Denn ihnen wurde zugesagt:

Auch ihr, ihr in eurem Elend seid in Gottes Augen wertvoll. Die Welt mag Gott vergessen,

sie ist aber nicht gottverlassen

und schon gar nicht ist sie ihm egal.

Deshalb macht ER sich selber auf den Weg.

In der Coronakrise, haben viele Menschen das Gefühl, verlassen zu sein, weil sie nicht für systemrelevant erachtet werden.

Was hält eigentlich unser System „Gesellschaft“ heute zusammen, liebe Gemeinde?

Für mich sind es:

-Rücksicht auf Schwache,

-Demokratie

-und verantwortungsbewusste Freiheit, verbunden durch eine Liebe zum Leben, die nicht zuerst nach sich selbst fragt, sondern verschenkt wird. Die Systemrelevanz wird nicht in Parlamenten entschieden, sondern durch tätige Nächstenliebe.

Zu Weihnachten erfahren Hirten, Könige und all die anderen, denen im Laufe des Lebens das Christkind begegnen wird:

Mir ist heute der Heiland geboren.

Das bedeutet aber:

Egal, wo ich bin, ob auf tristem Alltagsfeld

oder unterwegs als Suchender;

ob von den Mächtigen als Spielball herumgeschubst oder einsam zu Hause sitzend – Jesus Christus vergisst mich nicht!

Er verbindet mich mit Gottes Liebe.

Solche Treue ist krisenfest.

Amen.