Predigt über 1. Korinther 3,9ff

  • 30.08.2020 , 12. Sonntag nach Trinitatis
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Paulus der Baumeister

so sieht er sich, liebe Gemeinde. Paulus baut aber nicht aus sich selbst heraus, sondern von Gott berufen und beauftragt. Und wie das so ist bei Bauwerken, mögen sie groß oder klein sein, enorm wichtig ist der Grund, also das Fundament.
"Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus."
Natürlich, ohne Frage.
Oder doch mit Fragezeichen?

Paulus spitzt hier zu, um die Gemeinde, die von Christus wegzudriften drohte gewissermaßen, an ihren Anker zu erinnern. Schaut her, da ist eure Hoffnung begründet und mit der Hoffnung auch euer Heil und eure Rettung. Das schönste Gebäude stürzt ein, wenn der Grund nicht fest ist. Und so kommt es letztlich nicht auf die Baumeister darauf, die mit Gold oder Silber, Heu oder Stroh oder Holz bauen, sondern es kommt auf das Fundament an.
Aber genau über diese Frage entbrannte damals ein großer Streit. Deshalb musste Paulus auch so deutlich werden und schrieb den Satz, der unzähligen Täuflingen oder Konfirmanden Pfarrern ins Buch des Lebens geschrieben wurde.
"Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus."

Wenn ich mich entferne von diesem Grund, dann wird es sehr schwierig, eine christliche Gemeinde zu bauen - darauf macht Paulus damals aufmerksam und an Aktualität hat diese Mahnung nichts eingebüßt. Paulus der Baumeister wird zum Lehrmeister, der erinnern muss.

Eine große Baustelle findet der Apostel Paulus in der von ihm geliebten Stadt Korinth vor. Viele Baumeister scheinen da herumzuwerkeln in seiner Gemeinde. Solche Vielfalt tut gut und befördert das Gemeindewachstum einerseits. Auf der anderen Seite jedoch kann es schnell zu Abstimmungsschwierigkeiten kommen, weil jeder seins macht ohne den anderen mit in den Blick zu nehmen. In Korinth, jener Hafenstadt, die in der Antike eine wirklich große Bedeutung hatte, geht es munter und bunt zu. Hafenstädte haben das ja so an sich. Sie ziehen die Menschen an. Durch Handel und Verkehr kommen ganz unterschiedliche Ethnien und Religionen in Kontakt. Man lernt voneinander, schaut sich manches ab und.... man konkurriert miteinander. Im Korinth des 1. christlichen Jahrhunderts lebten dort Juden und Judenchristen, Griechen, Römer und Christen, die sich aus den sogenannten Heiden bildeten. Geprägt war die Stadt von starken Kulten ganz unterschiedlicher Gottheiten. Nachdem sie ein ähnliches Schicksal wie Karthago erlitten hatte, wurde Korinth unter Julius Caeser 44 v. Chr. neu gegründet. Paulus also fand eine recht junge Stadt vor, kaum 100 Jahre alt, als er die Gemeinde dort gründete. Nun hat die korintheische Gemeinde viele Gesichter. Vorrangig aus ärmeren Schichten gruppierten sich die Mitglieder um ganz unterschiedliche Menschen, die, mal als Prediger, mal als Vorsteher in der Gemeinde fungierten. Hauptsächlich aber traten sie als Täufer auf. Neben den vielen ärmeren gab es auch ein paar Wohlhabende wie zum Beispiel Erastus, ein Finanzbeamter. Aber das nur am Rande.
Wenn Gruppen unterschiedlicher Herkunft zusammenkommen zum Gottesdienst oder zum Mahlgemeinschaft, dann geht das nur sehr selten gut.
So verwundert es nicht, dass in Korinth die Unterschiede bald eine stärkere Rolle spielten als die Gemeinsamkeiten. Vorrangig an den Personen machte sich das fest.
Am Sakrament der Taufe mag dies verdeutlicht werden. Die Korinther haben es hier in mehrerer Hinsicht übertrieben.
1.) verstanden sie die Taufe als ein Siegel der himmlischen Ewigkeit. Mit der Taufe hat sich alles erledigt und nichts kann mehr schiefgehen in Bezug auf das Heilsgeschehen. Grundsätzlich ist das ja richtig, jedoch zogen eine Reihe der Gemeindeglieder daraus völlig falsche Schlüsse. Die Lebensgestaltung spielte plötzlich keine Rolle mehr. Da wurden die Nahrungsmittel gegessen, die vorher den anderen Göttern geweiht waren oder Ausschweifungen jeglicher Art wurden propagiert, als gäbe es kein Morgen mehr.
2.) war den Korinthern plötzlich nur noch wichtig wer sie zum Beispiel getauft hat und nicht mehr, dass sie getauft sind. Um diese Täufer, verdienstvolle Gemeindeleiter, gruppierten sie sich herum und stritten dann auch miteinander. Ich gehöre zu Paulus, ich gehöre zu Apollos, ich gehöre zu Kephas...tönte es bei den Versammlungen. Und ehe man es sich versah, war der eigentliche Grund, auf den ich gründe völlig unerheblich, ja fast bedeutungslos. Da muss Paulus einschreiten. "Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus."

Gold, Silber, Holz, Stroh?

Ein wunderbares und eindrückliches Bild für die unterschiedlichen Gaben in einer Gemeinde.
Gewiss kann nicht jeder mit Gold bauen und gewiss muss nicht jeder nur mit Stroh und Holz bauen. Aber ganz sicher muss jeder auf dem richtigen Grund bauen. Und da gibt es keinen Kompromiss. Wer als Gemeinde sich nicht mehr mit Christus verbunden weiß, verliert das Wertvollste, was er hat. „Auf gutem Grund“ hat die Evangelische Kirche in Deutschland ihr Positionspapier umschrieben, um auch gleich deutlich zu machen, dass sie bereit ist, diesen aufzugeben. Denn wer sich selbstverzwergt zur NGO degradiert, verliert das Fundament seines Handelns als Gemeinschaft der Gläubigen. Wo nicht klar und deutlich in eine Gesellschaft hinein gesagt wird: Wir haben guten Grund, an einen Gott zu glauben, der sich in Jesus Christus als liebender,
unverfügbarer
und damit jenseits
menschlichen Handelns existierender zeigt,
gibt den Anspruch auf, hinaus in alle Welt zu gehen,
um sich Jüngerinnen und Jünger zu sammeln.
Und schließlich Drittens: Wo ernsthaft empfohlen wird, den sonntäglich Gottesdienst als zentralen Versammlungsort der Gemeinde aufzugeben, da braucht man sich nicht zu wundern, wenn man selber nicht mehr ernst genommen wird. Gemeinde vor Ort ist real.
Virtuelle Zukunfts-Luftschlösser können nur bei denen entstehen, die lange Zeit nicht mehr vor Ort waren, und dort Gemeinde bauten.
Dabei lässt sich beobachten: Je größer und länger andauernd die Distanz zur Basis, desto gekünstelter werden die Beschreibungen genau jener Luftschlösser.
Knapp 2000 Jahre nach Paulus stellt sich mir eher die Frage, wo in unseren Gemeinden Gold, Edelsteine, Silber, Holz und Stroh zu finden sind?
Denn eins ist klar: es gibt sie, die Baustoffe für das lebendige Haus Gottes, vielfach sogar und sehr differenziert.
Ist nun das golden, was glänzt und nach außen schön strahlt? Und ist jenes aus Stroh, was alltäglich und nicht besonders schön ist? Eine Gemeinde, heute wie damals, lebt von den Unterschieden ihrer Mitglieder. Später im Korintherbrief weißt Paulus auf das Bild der verschiedenen Gaben, die aufeinander angewiesen sind, indem sie sich zu einem Leib formen.
Kluger Kopf und praktische Hand kommen erst im Zusammenspiel vollends zur Geltung.
Und dann lässt sich gar nicht mehr so genau feststellen, was nun Edelstein oder Stroh ist.
Wir haben in unseren Gemeinden vor Ort viele Balken und viel Edles. Nur manchmal schlummert es in irgendwelchen Ecken, wird nicht entdeckt oder fügt sich auf falschem Grund zusammen.

Auch Baumeister können versagen

Der Blick des Apostels auf seine Gemeinde in Korinth lässt ihn am Ende auch in Zweifel geraten. Er spürt, dass nicht alles gelingt. Hierfür greift das Bild des Feuers. Aber er zieht daraus nicht die falschen Schlüsse, sondern gibt uns mit auf den Weg:
Trotz Scheitern brauche ich nicht verzagen.
Wo etwas misslingt, bin ich nicht zwangsläufig als Mensch infrage gestellt, solange der Grund klar ist, auf dem ich stehe. Deshalb: Verliert nicht die Bodenhaftung eures Glaubens und lasst euch nicht einreden, dass menschliches Tun das Maß aller Dinge ist. In diesem Sinne bodenständig zu bleiben, ist kein Schimpfwort, sondern der einzig richtige Weg,
um als Gemeinde vor Ort
und als Kirche
Zukunft zu haben. Amen.

Und der Friede Gottes, der größer ist als unser Verstehen, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.