Predigt über 2. Korinther 1,18ff.

  • 22.12.2019 , 4. Advent
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

„Zu allem Ja und Amen sagen“, liebe Gemeinde, steht in unserer Umgangssprache für ein unhinterfragtes zustimmen. Kritiklos wird alles hingenommen. Dabei handelt es sich bei „Ja“ und „Amen“ eigentlich um eine Abfolge. Zuerst kommt das „Ja“ und dann folgt das „Amen“ als Bekräftigung. Der Abschluss eines jeden Gebetes oder Segens macht das deutlich.

1.) Paulus – das Genie

Biblisch betrachtet, stehen hinter dem „Ja“ Gottes die sich erfüllenden Verheißungen und mit dem „Amen“ antworten wir seit Generationen. Es wird aus dem Glauben heraus gesprochen.

Der Apostel Paulus ist zur Verdeutlichung gezwungen. Ein Konflikt mit seiner Gemeinde eskaliert. Vorwürfe werden laut und er muss sich verteidigen.

Was war passiert?

Wie das so manchmal ist im Leben, ändern sich plötzlich Pläne, die man lange vorher gemacht hat. Seiner, ihm am Herzen liegenden Gemeinde in Korinth, ja man kann schon mit Fug und Recht sagen, dass er sie wie eigene Kinder angesehen hat, also seiner Gemeinde in Korinth versprach Paulus vorbeizukommen. Lange war der Besuch angekündigt. Nun musste er ihn verschieben, weil sich die Realitäten geändert haben. Aus einem „Ja“ wurde ein „Nein“. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht…

Paulus musste das am eigenen Leibe erfahren.

Wer sich auf einen Weihnachtsbesuch lange freut, weil man sich endlich wiedersehen kann, wird gut verstehen, wie es den Korinthern erging, als der Besuch abgesagt wurde.

Versprich deinem Kinde nie etwas, was du nicht halten kannst.

Wir kennen solche Lebensweisheiten und scheitern oft genug an ihnen. Die Konsequenzen sind dann zerstörtes Vertrauen, mangelnde Glaubwürdigkeit, Rechtfertigungen usw. usw.

Enttäuscht war die korintheische Gemeinde. Nicht nur dem Apostel wohl gesonnene Menschen gab es dort, sondern seine Mission und Predigt hatte auch Gegner. Sie bekamen nun Aufwind. „Wer nicht zuverlässig ist mit seinen Versprechungen, dem kann man auch seine Verkündigung nicht glauben. Und überhaupt, welche Legitimation hat Paulus eigentlich“. So oder so ähnlich wird es zugegangen sein in den Diskussionen in Korinth.

Für Paulus war damit eine rote Linie überschritten. Seine Antwort ist grundsätzlich, weil die Anwürfe gegen ihn es ebenso ist.

Wir hören in den Anfang des 2. Korintherbriefes.

18 Bei der Treue Gottes, unser Wort an euch ist nicht Ja und Nein zugleich. 19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern das Ja war in ihm. 20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre. 21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt hat 22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.

Kurt Marti, der Schweizer Dichter und Theologe, schreibt in seinem Gedicht „Geburt“ in einer der Strophen:

2.) Gesalbt, befestigt, versiegelt und begeistert

We bei einem Tribunal führt Paulus Zeugen auf. Silvanus und Timotheus als seine Begleiter sowie Gott selber als Christus. Er war nicht „Ja“ und „Nein“ zugleich, sondern ist ein eindeutiges „Ja“. An ihm scheiden sich die Geister, weil er selber zur Deutlichkeit herausfordert. Christus ist Gottes

„Ja“ zur Welt mit ihren vielen Verneinungen an Liebe, Zuwendung oder Aufmerksamkeit.

Heute am vierten Adventssonntag ist es das Ja zur Niedrigkeit. Wir haben es im Lobgesang der Maria. Die Niedrigkeit, das Winzige wird bejaht. Bejaht in einem kleinen Nest namens Bethlehem und dort auch noch in einem Stall. Niedriger geht es kaum noch. Ganz elementar spricht Gott ein JA zur Welt, indem Christus als kleines Baby zur Welt kommt.

Diesem Ja der göttlichen Botschaft hat nun auch der Apostel, der Botschafter Gottes zu entsprechen. Nicht das der Verkündiger die Botschaft bewahrheitet. Vielmehr ist es genau umgekehrt. Die Botschaft, das Bekenntnis Gottes zur Welt, bewahrheitet denjenigen, der sie verkündet.

So ist Paulus, wie alle Prediger bis auf den heutigen Tag, nicht ein bessere Christenmensch, nur weil er predigt. Vielmehr macht das Evangelium aus ihnen, wie aus allen anderen, bessere, weil von Gott angenommene Menschen.

Ein Botschafter Gottes verkündigt nicht, weil er es so will, sondern weil Gott ihn so will, wie er ist.

Darauf weist Paulus hin, indem er Christus als seinen Beistand argumentativ ins Feld führt.

Wie zeigt sich der Beistand des Christus im einfachen Leben seiner Menschenkinder?

Zunächst in der etwas banalen Aussage

„Du gehörst zu mir.

Ich lasse dich nicht los.“

Doch so banal ist sie gar nicht, sondern vielmehr ein tiefgründiges, festmachendes Wort, über jeden Zweifel erhaben.

Als Zeichen meiner Treue, sagt Christus, schließe ich mit Dir einen Bund. Einen Bund fürs Leben und auch fürs Sterben und sogar darüber hinaus.

Wir haben vorhin zwei Menschenkinder getauft, ein kleines und ein erwachsenes Menschenkind. Die Taufe besiegelt den Bund, den Christus mit mir schließt. Wie auch immer Lebenswege verlaufen mögen, welche Erfahrungen wir auf ihnen machen, die Erinnerung „ich bin getauft“ kann zum festen Anker werden, wenn alles um uns herum schwankend, jeinsagend oder unzuverlässig wird.

Christi „JA“ zu mir ist gewissermaßen die Anzahlung für meine Rettung und Hoffnung, die sich bei IHM erfüllen wird.

Von dieser Hoffnung erzählt die Bibel in glaubensfarbenfrohen Geschichten – Hanna, die nicht aufgibt. Abraham und Sarah, die den Aufbruch wagen, und letztlich auch Elisabeth und Maria, die das Unerwartete erwarten, ihm Raum geben und am Ende darüber überglücklich sind.

Die Kraft Gottes dazu ist ihnen ins Herz gegeben.

Wir sagen dazu auch gerne Begeisterung.

Paulus erfährt in seiner Arbeit wie auch in seinen Konflikten Gottes Kraft. Als haltgebende Stütze bei letzteren als Begeisterung im wahrsten Sinne des Wortes bei ersterer.

Sich als jemand zu erfahren und zu verstehen, der in Christus festgemacht ist, führt zu Begeisterung im wahrsten Sinne des Wortes.

Davon kann erzählt werden und mit ihr kann ich andere Menschen anstecken.

So werden die Geschichten von Abraham, Sarah, von Mose, Maria und wie sie alle heißen zu meinen eigenen Lebensgeschichten, weil ich wahrnehme: Dieser Gott hält seine Versprechen.

Er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Und plötzlich entdecke ich die Aufbrüche im eigenen Lebensumfeld, entdecke die Hoffnungen, wo es nichts mehr zu erwarten gibt. Und erwarte das Ungewöhnliche freudig wie ein Kind im Advent.

Begeisterung, liebe Gemeinde ist, wenn sich Gottes Kraft in meinem Herz Raum schafft gegen alle Realitäten.

3.) Ja und Amen

Advent – eine lange Zeit voller Vorbereitung.

Für Viele rinnt sie zu schnell und anderen Zeitgenossen fällt das Warten schwer. Advent als eigentliche Zeit, um sich auf das Ungewöhnliche vorzubereiten, ist uns weitestgehend abhandengekommen.

Advent als Zeit des Umbruchs und der Einkehr wahrnehmen – so wie bei Maria und Elisabeth- dazu möge der vierte Sonntag uns ermutigen.

Mitten in das Warten und mitten in alle Hektik platzt da ein Text, der so ganz und gar nicht zu passen scheint mit seinen schweren theologischen Aussagen.

Mir ging es jedenfalls beim ersten Lesen so.

Doch dann?

Der Apostel Paulus antwortet grundsätzlich, nicht allein adventlich. Also muss ich seine Antwort in ein adventliches Licht rücken.

Das Licht Gottes leuchtet uns auf im Advent und hier ganz besonders im grundsätzlichen „JA“ zu Dir als Menschenkind. Es ist ein so deutliches „JA“, dass sich jedes „Aber“ verbietet. Hinter Gottes „JA“ steht ein fettes Ausrufezeichen seiner Liebe.

Ja – ich stehe zu Dir, auch in deiner größten Schwäche und Schuld, wie ich zu dir stehe in deiner Stärke.

Ja – mein Ohr ist offen für deine Sorgen. Und als Zeichen für diese Offenheit lade ich Dich in meine Gemeinschaft ein.

Ja – ich zeige Dir den Weg zum Leben, heraus aus den Sackgassen deiner Beschwernisse hin zum Licht, dass auch in dort leuchtet, wo du dich gerne verkriechst.

Gottes „Ja“ zu uns ist so überdeutlich, dass die Antwort darauf nur „Amen“ sein kann.

Doch dann bleibt Unser „Ja, so ist es“ nicht folgenlos.

Folgen wir dem Ja-sagenden Gott im Alltag.

Es lohnt sich.

Ich wurde nicht gefragt bei meiner Geburt

Und die mich gebar wurde auch nicht gefragt

Bei ihrer Geburt

Niemand wurde gefragt

Außer dem Einen

Und der sagte

JA.

Darauf kann ich eben nur mit „AMEN“ antworten. Nicht als Floskel, sondern wie Maria aus tiefem Herzen und innerer Freude.

Mir geschehe, wie Du gesagt hast.

Und dann? folgt der Lobgesang.

Amen. Und der Friede Gottes…..