Predigt über Jesaja 7,5-10

  • 25.12.2020 , 1. Christtag
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Wir hören den Predigttext aus Jesaja 52, Verse 7-10:

7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion:

 Dein Gott ist König! 8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden's mit ihren Augen sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt. 9 Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. 10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Liebe Gemeinde,

Propheten haben es niemals leicht. Verkündigen sie Unheil, glaubt man ihnen nicht, verkünden sie Frieden inmitten einer anderen Wirklichkeit, werden sie meistens ausgelacht. Unsere heilige Schrift ist voll ihrer Geschichten. Was nützt es einem Propheten, wenn er am Ende Recht behält, aber alles in Trümmern liegt?

Die Genugtuung dürfte sich in Grenzen halten.

Ähnlich wird es denen gehen, die uns vor den Auswirkungen der Coronapandemie schon vor vielen Monaten warnten, auch wenn sie keine Propheten mit göttlichem Auftrag sind, sondern Wissenschaftler oder Politiker. Wer weiter blicken kann als bis zum Tellerrand der eigenen Wohlfühlzone, dessen Worte sind meistens unbequem. Denn sie rufen zur Veränderung des Gewohnten. Nichts aber mag der Mensch weniger als Gewohntes verändern zu müssen.

Der Prophet Jesaja verkündet uns zum heutigen Weihnachtsfest kein Unheil, sondern Gottes Shalom. Freudenbote wird er genannt. Seine Botschaft besteht im Kern aus vier kleinen Worten: „Dein Gott ist König!“  

Was macht diesen König zu einem solch besonderen König?

Er tröstet und er erlöst sein Volk.

Zu Weihnachten wird die göttliche Zusage konkret, ja mehr noch, sie wird durch die Geburt Jesu Christi menschlich. Königlich aber ist die Realität, in die Jesus Christus hineingeboren wird keineswegs. Ganz im Gegenteil. Statt Palast eine harte Krippe. Damit ist der Weg vorgezeichnet. Die Menschwerdung Gottes ist zwar ein Ereignis von ankündigungswürdiger Bedeutung. Sie geschieht jedoch nicht im Hause der Macht, sondern im Alltag der Verlorenen und Vergessenen.

Der Schöpfer der Welt mit all ihrer Schönheit und Pracht, angefangenen beim Sonnenaufgang bis hin zum winzigen Blümlein am Wegesrand, dieser Schöpfer schöpft seine Macht aus etwas anderem als wir es erwarten. Er schöpft sie aus der Schwachheit.

In Palästen, Hinterzimmern oder Parlamenten wird über den Lebensalltag von uns Menschen entschieden.

Über den Lebenssonntag entscheidet aber ein anderer, nämlich der große Herr und starke König, dessen Platz in meinem Herzen ist.

„Ach mein herzliebes Jesulein, mach dir ein rein sanft Bettelein, zu ruhen in meines Herzens Schrein, dass ich nimmer vergesse dein.“

Dafür wird er schwach und klein, um mich am Ende groß zu machen.

Dem nicht genug – er macht sich, ganz evangelisch, dort im Herzen den Platz sogar selber. Es kommt also nicht auf meine Lebensleistung an, ob Christus sich in meinem Herzen „ein rein sanft Bettelein“ macht, sondern es kommt auf seine Gnade und Barmherzigkeit an. Das wiederum bedeutet: Die Umkehrung der Verhältnisse zu Weihnachten.

Grob zusammengezimmerte Krippenbretter werden zur Heimstatt eines erdgebundenen Gottes, der sich nicht zu schade ist, herabzusteigen in das Elend einer erlösungsbedürftigen Welt. Dadurch verwandelt er offensichtliche Armut in unermesslichen Reichtum. Denn er schätzt mich als Menschenkind so wertvoll, dass Jesus Christus dafür sogar sein Leben geben wird, um mir jenseits meiner Vorstellungskraft allumfassenden Frieden zu garantieren.

Der Shalom dieses Gottes ist wie ein Hoffnungsschimmer in finsterer Zeit.

Solch Evangelium fordert heraus.

Folgenlos würde die frohe Botschaft im Nachhimmel über meinem Bethlehem verhallen. Sie will aber gelebt werden. Dafür nimmt mich das Krippenkind in Anspruch - als Bote,

der sein Evangelium von der Liebe Gottes tatkräftig mit Leben füllt.

„Dass ich nimmer vergesse dein!“ ist die Erinnerung an diesen Auftrag eines jeden Christen.

Martin Niemöller hat für schwierige und nicht so schwierige Entscheidungen im Leben dann folgende Formulierung gefunden:

„Was würde Jesus dazu sagen?“

Weil sich das Christkind verantwortlich zeigt für meine Rettung aus unweigerlicher Schuld, die durch menschliche Entscheidungen und menschliche Unvollkommenheit entsteht, haben wir auch die Pflicht, ihm gegenüber uns verantwortlich für die Lebensmöglichkeiten meines Nächsten zu zeigen.

Verantwortung leben – dafür brauche ich zwar kein Christ zu sein. Als Christ habe ich aber eine fest zugesicherte Begleitung in allem, was ich tue. Das kann wahrlich erleichtern und zur Freude gereichen.

„Gestaltet euer Leben in Verantwortung füreinander“ könnte zur frohen Botschaft am Ende dieses so schwierigen Jahres werden.

Verantwortungslosigkeit und Leichtsinn erleben wir genug und sehen dann die Früchte solch egoistischen Tuns in den Leichenkammern der Krankenhäuser. Wir Menschen sind gewiss unterschiedlich begabt, auch unterschiedlich mit Verstand begabt. Das bedeutet aber noch lange nicht, jeglichen Rat in den Wind zu schlagen, nur weil er von Verantwortungsträgern kommt.

Alle diejenigen, die über „die da oben“ voller Hass schimpfen, wollen am Ende nicht wirklich tauschen. Denn Jammern und „Dagegensein“ ist viel bequemer als selber Verantwortung bis in die letzte Konsequenz für das eigene und das anvertraute Leben zu übernehmen.

Dem Reformator Martin Luther wird folgendes Zitat zugeschrieben.

„Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis und tanzt.“ Mir scheint, liebe Gemeinde, dass weite Teile Sachsens momentan eine große zugefrorene Eisfläche sind.

Sorgen wir also für das Ende dieser Eiszeit – mit Verstand und wärmender Nächstenliebe – so wie das Jesuskind für uns sorgt beim Bezug seiner Wohnung in meinem Herzen, um uns zu trösten und erlösen. Amen.

Und der Friede Gottes, welcher größer ist als unser Verstehen, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.