Predigt über Joh 1, 15ff zum Festgottesdienst an Epiphanias mit Aufführung der Bachkantate "Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben"

  • 06.01.2017 , Epiphanias
  • Pfarrer Hundertmark

Predigt über Joh 1, 15-18, 6.1.2017 um 9.30 Uhr, St. Thomas zu Leipzig

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,

der Predigttext für das heutige Epiphaniasfest steht bei Johannes im 1. Kapitel.

15 "Johannes zeugt von ihm und ruft: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich.

16 Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.

17 Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.

18 Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat es verkündigt."

 

1.)     „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“

So erzählt uns der Evangelist Johannes zu Beginn seines Evangeliums. Er will Zeugnis geben von dem Ewigen, von dem, der immer schon da war und auch noch sein wird, wenn unser Sein aufgehoben ist. Johannes gibt Zeugnis. Er tut das kraftvoll, mutig. Er bekennt ganz ohne Kompromisse - allein in Christus lässt sich Gottes Zuwendung finden. Zeugnis geben von Christus als die Quelle der göttlichen Wahrheit und Liebe gelingt mal leichter und manchmal fällt es schwer. Besonders dann fällt es schwer, wenn wir uns in einem Umfeld bewegen, das Johannes als Finsternis bezeichnet hat. Das göttliche Licht, so die Weihnachtsbotschaft, kam in die Finsternis, jedoch hat diese es nicht ergriffen. Vielmehr bekämpft sie das göttliche Licht, weil sie Angst hat um ihre finsteren Werke, die sich gegen die Liebe stellen.

Am Epiphaniastag 2017 stelle ich mir die Frage, wo gilt es heute Zeugnis zu geben von Christus als demjenigen, der Gottes Wesen durch sein Leben erklärte und auslegte?

Froh bin ich zu allererst einmal darüber, dass mir kein Gefängnis, keine Repressalien drohen werden, wenn ich Zeugnis gebe von Christus und seinem Kreuz. Da haben wir auch schon andere Zeiten erlebt. Allenfalls werde ich vielleicht belächelt. Das ist nicht angenehm, aber aushaltbar. Der Ort, wo ich Zeugnis zu geben habe von Christus, ist mein Alltag, mein Lebensumfeld. Freilich sind diese beiden oftmals gottesfern, unwissend, gelegentlich auch feindlich eingestellt gegenüber Religion und Gottvertrauen.

J. S. Bach vertont im Eingangschor festlich, mitreißend zu den Worten „Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben, so gib, dass wir im festen Glauben nach deiner Macht und Hülfe sehn.“ Die Trompeten und Pauken stehen da als Symbole königlicher, göttlicher Macht, wollen Mut machen und stärken.

Ja, liebe Epiphaniasgemeinde, das möge uns sehr tief ins Herze eingegossen werden. Nach Gottes Macht und Hilfe zu sehen, ist wahrlich angemessener als Kreuze zu verstecken aus Angst, es könnte sich jemand daran stören. Aufgabe von Christen ist es, Kreuz zu zeigen und zwar im doppelten Sinne. Zunächst das Symbol der sich kreuzenden Balken. Sie sind Zeichen der Hoffnung gegen Lebensfeindlichkeit und Egoismus. Weiterhin geht es darum, Kreuz zu zeigen im Sinne von Rückgrat zu haben, wo die schnaubenden und tobenden Feinde mit ihren scharfen Klauen das bisschen Nächstenliebe aus meinem Herze reißen und sich meiner bemächtigen wollen. Da gilt es zu widerstehen.

Zeugnis zu geben kann auch heißen, die Stimme zu erheben mit dem weihnachtlichen „Fürchte dich nicht!“ auf den Lippen, wo andere versuchen, Ängste zu verbreiten. Die meisten Deutschen haben nicht mehr Angst wurde gestern in einer repräsentativen Umfrage veröffentlicht. So fühlt sich die Mehrheit der Deutschen trotz Terror sicher. Ist es nicht entlarvend, dass es bei AfD – Sympathisanten genau umgekehrt ist, wie die gleiche Umfrage ans Licht bringt?

Dass, was den Menschen mit viel Emotionen und Rhetorik als Alternative für unser Land eingeredet werden wird im beginnenden Wahljahr, wird sich nicht als glorreiche Zukunft, sondern als der Höllen Schrecken erweisen. Dabei nährt sich das höllische Feuer aus Hass und Egosismus; es nährt sich aus Entsolidarisierung mit den Schwachen und Schutzsuchenden. Auch hier gilt es zu widerstehen.  

Zeugnis zu geben von Christus, das will ich versuchen, nicht nur allein mit Worten. Ich möchte es versuchen, wohlwissend, dass ich immer wieder auch kläglich daran scheitern werde, jene Liebe Christi, die er mir innewohnen lässt, ein stückweit Gestalt zu geben durch Mitmenschlichkeit, durch Freundlichkeit, durch Vergebung. Zu solchem Zeugnis möge Gott uns Kraft sowie den festen Glauben geben.

2.)     Die Macht der Könige

Könige fühlen sich mächtig. Sie verfügen oft über Streitkräfte oder umgeben sich an ihrem Hof mit Ja-Sagern, die kein kritisches Wort mehr verlauten lassen. Sie brauchen die Huldigung als bestätigenden Beweis, dass alles richtig ist, wie es ist und sich nichts ändern soll. Wer Macht hat, muss sie behalten. Wer das infrage stellt, wird gefährlich. So haben die kleinen und großen Könige ständig Angst, Angst um ihre Macht.

Als die Weisen Sternedeuter am Hofe von Herodes ankommen und nach dem neuen König fragen, greift Angst um sich. Sollte etwa jemand neben mir mehr Macht haben, mich sogar vom Thron stoßen?

Die kleinen und großen Könige handeln besonnen und listig. Herodes will sich mit den Weisen unterhalten, verstellt sich als er merkt, dass an der Geschichte etwas dran ist. Als er dann merkt, dass alles nichts fruchtet, handelt er rechtswidrig, unmoralisch, grausam, ja greift kurze Zeit später sogar zum Äußersten, indem er die neugeborenen Kinder in Bethlehem ermorden lässt.

Heute greifen Staatsoberhäupter, wenn sie ihre Macht in Gefahr sehen zum Telefonhörer und verkünden Halbwahrheiten oder twittern sie. Und die kleinen oder großen Könige zu Hause, wenn ihre Macht und Autorität von kindlichem Vergnügen infrage gestellt wird? Sie reagieren oft mit Arroganz und Härte, spielen ihre Stärke aus, weil das einfacher ist, als sich auf Diskussionen einzulassen. Dann gibt es noch die Könige, die vor nichts zurückschrecken, um an die Macht zu kommen. Verleumdungen, Intrigen – wir kennen das aus den Märchen und Sagen oder

aus den Geschichtsbüchern politischer Wahlen. Wir kennen das aus sinnlosen Kleinkriegen um Ressourcen im einfachen Lebensalltag, wenn es nicht mehr um ein gemeinsames Ziel, sondern nur noch um persönliche Interessen geht.  

Diese Könige müssen gestürzt werden, weil sie niemand braucht in einer demokratischen Gesellschaft, weder zu Hause noch in Amtsstuben, Rathäusern, Palästen oder Institutionen. Die Könige, die Lebenschancen besonders von Kindern zunichtemachen, indem sie opportunistisch ihr Fähnlein nach dem ökonomischen oder politischen Wind drehen, dürfen keine Zukunft haben. Allen kleinen und großen Königen auf dieser Welt sei es ins Herz geschrieben. Ihr habt keine Macht über die Wahrheit. Die Wahrheit Gottes, die sich im Krippenkind offenbart, wird ihre Absichten ans Tageslicht bringen. Allein die Wahrheit Gottes wird ins Leben führen durch alle Gefahren hindurch. Sie wird uns auch dem Tod entreißen.

„Dein Herz, dein falsches Herz ist schon, nebst aller seiner List, des Höchsten Sohn, den du zu stürzen suchst, sehr wohl bekannt“ singt der Sopran in der heutigen Epiphaniaskantate des Weihnachtsoratoriums. Immer dann, wenn Unschuldige angegriffen werden, um eigene Macht zu sichern, und ich sehe das Krippenkind auch als ein Symbol für die Unschuldigen in dieser Welt, scheint der Stern als warnende Erinnerung – deine Kraft, dein Sein, deine Macht  ist nur geliehen. „Nur ein Wink von seinen Händen stürzt ohnmächtger Menschen Macht.“

3.)     Mit Gott im Herzen nach Hause kehren

Die Wahrheit ist oft in Gefahr, weil List und Tücke sich stark fühlen, weil sie die Kraft zur Verblendung der Menschen haben. Selbst die Weisen mit ihrer wissenschaftlichen Logik und mit ihrem klaren Verstand waren davor nicht gefeit.  

Wir Sternensucher, die wir auf dem Weg zur Krippe sind, lassen uns erfüllen von der göttlichen Wahrheit in diesem Kind. In der Begegnung mit Christus erfahren wir, wie sich über uns das mit seiner Gnade gefüllte Füllhorn ausbreitet. Jeder, der sich vom Kind in der Krippe im positivsten Sinne verzaubern lässt, spürt diesen Neubeginn. Er spürt ihn im Herzen, denn dort beginnt Gott mit der Veränderung. Hier drin. Ganz tief. Dort will ER wohnen. Dort will er es Frieden werden lassen. Mein Schatz, mein Hort ist hier bei mir!

Bei aller Verzauberung sehen wir die Gefahr nicht, die lauert, die Gefahr, dass geheuchelte Frömmigkeit nur eins im Sinne hat: die eigene Macht zu sichern. Deshalb brauchen auch wir, wie die Weisen aus dem Morgenlande, gelegentlich das Einschreiten Gottes, damit die göttliche Wahrheit gerettet werden kann, damit Gottes Liebe gelebt werden kann als sichtbares Zeichen.

Umkehr heißt dieses Einschreiten Gottes. Der von den uns umgebenden Königen vorgefertigte, verordnete Weg wird verlassen. Das Wagnis, auf neuem Weg zu gehen, sich von Gott leiten zu lassen, ist nie ohne Risiko.

Werden wir ankommen? Werden wir eine Chance haben gegen die Könige der Welt? Wird die Liebe des Christuskindes ihre Kraft durch uns entfalten können? Oder wird der sich oft im Lebensalltag zeigende Höllische Schrecken all das verschlingen?

Die Weisen kehren um. Sie gehen auf dem anderen Weg und - das ist das Wichtigste - sie kehren eben nicht alleine um. Denn sie haben im Stall von Bethlehem erkannt: Gott ist mit uns durch seinen Sohn. Durch dieses kleine Kind zeigt sich eine neue Solidarität.

Und all die Heimkehrer vom Stall werden erkennen wie

 Hellmut Gollwitzer

 „Gott ist mit uns solidarisch

Wir sind umgeben nicht von

Kaltem und leerem Nichts

Wir sind regiert

Nicht vom blinden Schicksal.

Wir sind nicht ausgeliefert

Den Folterknechten dieser Welt

Wir sind erwartet nicht

Vom letzen Henker, vom Tod,

wir sind

umgeben

getragen

beschützt

regiert

erwartet

von einer ewigen Solidarität,

die auf unserer Seite steht,

mit uns leidet

für uns kämpft

sich für uns opfert

und die Zukunft für uns gewinnt.

Das ist unsere Wirklichkeit.

Davon leben wir.“

 Liebe Gemeinde, lassen wir uns das zur Ermutigung werden besonders in diesem Jahr des Aufbruchs, wenn wir feiern, was Martin Luther wiederentdeckt hat:  Die Gnade Gottes liegt allein in Jesus Christus und nicht in der Kirche.

Für solch ein Evangelium wollen wir Zeugen sein. Amen.

 

 Pfarrer Martin Hundertmark (hundertmark@thomaskirche.org)