Predigt im Abendgottesdienst über Jona, 1.2 – 2.11

  • 06.06.2021 , 1. Sonntag nach Trinitatis
  • Prädikantin Dr. Almuth Märker

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserm Vater und unserm Herrn Jesus Christus

Liebe Gemeinde,

heute haben wir als Predigttext die Jonageschichte. Das ist die Geschichte mit dem Fisch. Jona wird  vom Fisch verschluckt und nach drei Tagen wieder ausgespuckt. Ins Todesdunkel verschluckt und nach dreien Tagen wieder entlassen, herausgelassen in das Licht des Lebens … - da klingelten den Alten die Ohren, und sie dachten an Jesus, der nach drei Tagen in der Grabeshöhle von Gott auferweckt wurde und wieder an Land ging: ans Land des Lebens.

Jona im Bauch des Fisches. Da denke ich an Kindergottesdienst, an Kinderbibeltage.
Da erinnere ich mich an den leichten Grusel: Wie dunkel und unheimlich muss es im Fischbauch gewesen sein?!
Da erinnere ich mich auch an Ekel: In einem Fischbauch – da ist es bestimmt schleimig und glibbrig; brrr!!
Da erinnere ich mich auch an eine leichte kindliche Empörung:  Wie kann Gott denn das zulassen, den Jona einfach von einem Fisch verschlucken lassen?!!! Jona hatte meine ganze Sympathie, die Zusammenhänge dagegen machte ich mir nicht klar. Ich fühlte einfach mit ihm. So war das als Kind.

Heute haben wir die Chance, uns die Zusammenhänge näher anzusehen. Und dabei können wir – Sie sind herzlich eingeladen dazu, liebe Gemeinde – trotzdem oder gleichzeitig und zusätzlich gehörig Mitgefühl mit Jona haben: mit seinem Verlassensein, seinem Ausgeliefertsein, seiner Todesangst – und mit seiner Erleichterung, als ihn der Fisch wieder ausspeit. Mitgefühl mit Jona.

Heute funktioniert die Predigt so, dass ich sozusagen auf den Predigttext zupredige. Ich lese ihn erst am Schluss. Also Halbe Halbe:eine Hälfte Predigt, eine Hälfte Predigttext.

Jona und der Fisch. Das ist also für viele von uns eine kindliche Erinnerung. Aber wie war Jona in den Fisch hineingeraten? Was war der Anlass und was war überhaupt passiert?

[Punkt 1] Gott sagt zu Jona: „Mache dich auf!“ Schon im nächsten Vers steht „Und Jona machte sich auf.“ 'Prima', denke ich, 'genau richtig, wie sich Jona verhält.' Gott sagt mir, los!, auf geht’s. Jetzt wird aufgebrochen, jetzt wird gehandelt, ich brauche dich. Ich sage, in Ordnung, ich bin dabei, bin schon unterwegs.

Das Problem ist: Jona geht zwar los. Aber er geht genau in die entgegengesetzte Richtung von Gottes Auftrag. Er will weg, möglichst weit weg.

Mein Aktionismus und dass ich geschäftig in die Hände klatsche, reicht offensichtlich nicht. Möglicherweise lenke ich den Karren in die entgegengesetzte Richtung, in die mich Gott eigentlich haben will.

[Punkt 2] Ninive. Erinnern Sie sich? Das ist die Stadt „voller Bosheit“, wie es die Bibel schreibt. Dorthin soll Jona eigentlich gehen. Diesen Leuten in Ninive soll er ins Gewissen reden. Was ist so böse an Ninive? Später in der Jona-Geschichte ertönt der Aufruf in der Stadt: „Ein jeder kehre um von seinem bösen Werk und von dem Frevel seiner Hände.“ (Jona 3, 8) Ich habe in meine Kinderbibel geschaut, die ich vor 20 Jahren für meine Kinder gekauft habe. Männer, Frauen und Kinder von Ninive stehen da ganz sympathisch rum, tragen bunte Kleidung, legen einander die Hand auf die Schulter. Man sieht ihnen nicht an, dass sie böse sind. Sie haben sich von Gott abgewandt. Das  ist ihr Problem. „Ein jeder kehre um!“ -  „Bessert euer Leben bald“, heißt es  in der Bachkantate für heute.

Ich werde euch, liebe Gemeinde, nicht den Gefallen tun, von der Kanzel herab zu predigen, wo und wie ihr euer Leben bessern sollt. Ich habe selbst genug zu tun damit, das täglich neu zu buchstabieren: mit Gott in Verbindung zu bleiben und mein Leben göttlich auszurichten.

[Punkt 3] Die Seeleute. Das sind erstaunliche Menschen. Sie kennen Gott nicht. Aber sie interessieren sich für ihren Mitreisenden. Sie fragen ihn nach seinem Beruf, nach seiner Berufung und nach seinem Auftrag und Ziel. Ein dramatisches Schauspiel aus Sturm, Wellen, Seenot und parallel dazu aus menschlichem Ringen und schließlich Bekehrung zum Glauben spielt sich da vor unsern Augen ab. Im Ergebnis – landet Jona im Meer. Und die Seeleute feiern Gottesdienst. Verrückt.

[Punkt 4] Jona im Fisch. Jonas Leben, seine Flucht, sein Ausweichen und das Schmieden seiner eigenen Pläne all das kommt zum Erliegen. Die Geschichte ist auf dem Totpunkt. Jona ist im Bauch des Fisches. Wie tot. Das kann dauern. Und das dauert. Wir lesen die Geschichte als Geschichte. Für uns sind es eben die drei Tage, dann sind sie vorbei. Für Jona ist es der Beginn einer schier nicht enden wollenden Zeit. Einer Zeit der Dunkelheit, des Verlassenseins, abgeschnitten vom Leben, fernab vom Puls. Eine Depression, ein tiefes Schwarz, ein Stillstand, kein Antrieb, alles auf Null. Licht am Ende des Tunnels? Nicht in Sicht!

Was tut Jona? Er betet. Ein Gebet aus den Tiefen seiner Seele. Ein Gebet, das sich wandelt vom Er zum Du; Du, Gott! Ein Gebet, mit dem Jona seinem ganzen Scheitern Ausdruck gibt und in das er gleichzeitig seine ganze Hoffnung legt.

Dieses Gebet bringt die Wende. Sie wissen schon, was dann passiert.

JONAS FLUCHT VOR GOTT (Jona 1,1 – 2, 11)

11Es geschah das Wort des Herrn zu Jona, dem Sohn Amittais: 2Mache dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige wider sie; denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen.

3Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem Herrn nach Tarsis fliehen und kam hinab nach Jafo. Und als er ein Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld und trat hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren, weit weg vom Herrn.

4Da ließ der Herr einen großen Wind aufs Meer kommen, und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, dass man meinte, das Schiff würde zerbrechen. 5Und die Schiffsleute fürchteten sich und schrien, ein jeder zu seinem Gott, und warfen die Ladung, die im Schiff war, ins Meer, dass es leichter würde.

Aber Jona war hinunter in das Schiff gestiegen, lag und schlief. 6Da trat zu ihm der Schiffsherr und sprach zu ihm: Was schläfst du? Steh auf, rufe deinen Gott an! Vielleicht wird dieser Gott an uns gedenken, dass wir nicht verderben. 7Und einer sprach zum andern: Kommt, wir wollen losen, dass wir erfahren, um wessentwillen es uns so übel geht. Und als sie losten, traf’s Jona. 8Da sprachen sie zu ihm: Sage uns, um wessentwillen es uns so übel geht? Was ist dein Gewerbe, und wo kommst du her? Aus welchem Lande bist du, und von welchem Volk bist du? 9Er sprach zu ihnen: Ich bin ein Hebräer und fürchte den Herrn, den Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat.

10Da fürchteten sich die Leute sehr und sprachen zu ihm: Was hast du da getan? Denn sie wussten, dass er vor dem Herrn floh; denn er hatte es ihnen gesagt. 11Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir denn mit dir tun, dass das Meer stille werde und von uns ablasse? Denn das Meer ging immer ungestümer. 12Er sprach zu ihnen: Nehmt mich und werft mich ins Meer, so wird das Meer still werden und von euch ablassen. Denn ich weiß, dass um meinetwillen dies große Ungewitter über euch gekommen ist.

13Doch die Leute ruderten, dass sie wieder ans Land kämen; aber sie konnten nicht, denn das Meer ging immer ungestümer gegen sie an. 14Da riefen sie zu dem Herrn und sprachen: Ach, Herr, lass uns nicht verderben um des Lebens dieses Mannes willen und rechne uns nicht unschuldiges Blut zu; denn du, Herr, tust, wie dir’s gefällt.

15Und sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer. Da wurde das Meer still und ließ ab von seinem Wüten. 16Und die Leute fürchteten den Herrn sehr und brachten dem Herrn Opfer dar und taten Gelübde.

JONAS GEBET

2, 1 Aber der Herr ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte.

2 Und Jona betete zu dem Herrn, seinem Gott, im Leibe des Fisches 3und sprach:

Ich rief zu dem Herrn in meiner Angst, und er antwortete mir.

Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme.

4 Du warfst mich in die Tiefe, mitten ins Meer, dass die Fluten mich umgaben.

Alle deine Wogen und Wellen gingen über mich,

5 dass ich dachte, ich wäre von deinen Augen verstoßen, ich würde deinen heiligen Tempel nicht mehr sehen.

6 Wasser umgaben mich bis an die Kehle, die Tiefe umringte mich, Schilf bedeckte mein Haupt.

7 Ich sank hinunter zu der Berge Gründen, der Erde Riegel schlossen sich hinter mir ewiglich.

Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, Herr, mein Gott!

8 Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den Herrn, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel.

9Die sich halten an das Nichtige, verlassen ihre Gnade.

10 Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen.

Meine Gelübde will ich erfüllen.

Hilfe ist bei dem Herrn.

11 Und der Herr sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und unser Beginnen in Christo Jesu. Amen.