Predigt über Matthäus 25,14ff.

  • 12.07.2020 , 5. Sonntag nach Trinitatis
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,

 ihr habt euch heute unter dem Kreuz versammelt hier im Altarraum der Thomaskirche.

Mit dem Kreuz ist das so eine Sache. Viele stören sich daran. Warum tragen Christen eigentlich ein Kreuz, wo es doch an den Tod Jesu erinnert? Weil mit dem Ostermorgen sich dieses Todessymbol in ein Hoffnungssymbol verwandelt hat. Niemand konnte die Kraft der Liebe Gottes besiegen. Deshalb:
Wer das Kreuz mit sich trägt, kann getrost auch Rückgrat zeigen. Denn ihr seid nicht allein.
Dafür steht das Kreuz nämlich auch. Es ist SEIN Zeichen. Das Zeichen der gewiss machenden Hoffnung, dass Christus an eurer Seite ist.
Dieses Zeichen soll euch immer begleiten.
In eurem Geschenkebeutel werdet ihr ein kleines Kreuz aus Olivenholz finden. Es wurde in Betlehem, dem Geburtsort Jesu gefertigt. Als junge Christinnen und Christen dürft ihr das Kreuz mit Stolz tragen und braucht es nicht zu verstecken. Auch dann nicht, wenn euch Menschen begegnen, die das Wort „Toleranz“ als Waffe einsetzen, um alles gleich und beliebig machen zu wollen.
Mit dem Kreuz seid ihr auch erkennbar als Menschen, die sich von den Werten Jesu wie Frieden, Nächstenliebe, Menschenfreundlichkeit oder Gerechtigkeit leiten lassen.
Wenn ihr zum Kreuz schaut, entdeckt ihr die ausgestreckten Arme Jesu. Sie sind seine Einladung, was auch immer geschehen mag, zu ihm kommen zu können. Wir sind seiner Einladung gestern Abend gefolgt und haben hier die Gemeinschaft in Brot und Wein als Abschluss eurer Konfirmandenzeit gefeiert.
Heute erbitten wir Gottes Segen für euren weiteren Lebensweg. Wie wird er aussehen?
So, wie beim ersten Knecht? – alles gelingt, alle freuen sich, sind stolz und glücklich?
Oder wie beim offensichtlichen Versager, dem dritten Knecht, der nichts auf die Reihe bekommt?
In der Konfizeit ist uns das Gleichnis von den anvertrauten Talenten begegnet. Natürlich hat uns der dritte Knecht besonders beschäftigt und herausgefordert.
Groß ist die Furcht vor dem Versagen.
Wir kennen solche Anwandlungen. Meistens kommen sie nachts oder dann, wenn wir mehr oder weniger trüben Gedanken nachhängen.
So einfach lassen sie sich nicht verscheuchen. Manchmal sogar treiben diese Gedanken sonderliche Blüten von Selbstzweifel. Gerade dort, wo sich im eigenen Leben viel verändert, angefangen beim eigenen Körper über Freundschaften und Interessen besteht das Selbstbewusstsein manchmal nur aus einer ganz dünnen Eisplatte, über die man sich kaum zu gehen wagt.

Was für ein Blödsinn, liebe Konfis. Denn:

1.) Ihr seid alle wunderbare und wunderschöne Geschöpfe Gottes und geliebte Menschenkinder. Daran ändert auch der am Morgen mit Schrecken entdeckte Pickel mitten im Gesicht nichts.
2.) Jede und jeder von Euch hat bemerkenswerte und besondere Talente sowie Begabungen. Und schließlich
3.) Gott kann unser Scheitern in Segen verwandeln.

Deshalb:
Lasst euch niemals einreden „Das kannst Du nicht!“ oder „Dafür bist du zu schwach.“ bzw.
„Versuche es erst gar nicht, weil du sowieso scheitern wirst.“

Wer euch so begegnet meint es nicht gut mit euch. Meistens, und das lehrt die Lebenserfahrung, stehen Machtinteressen dahinter. Wer andere immer klein macht und klein hält, um selber groß dastehen zu können, wird sich ins menschliche Abseits manövrieren.
Solche Begegnungen werden euch nicht erspart bleiben. Auch das ist das Leben in seiner ganzen Bandbreite. Dann zu entgegen: „Doch, ich versuche es, weil ich weiß, dass Erfolg oder Scheitern nichts aussagt über mein Menschsein an sich“ – diesen Mut und dieses Selbstbewusstsein wächst im Glauben.
Ihr könnt, ihr dürft und ja, manchmal gilt auch: ihr müsst standhaft bleiben, wenn andere versuchen, euch ausschließlich für ihre eigenen Interessen zu benutzen.
Wo alles immer aalglatt läuft, ist es nötig als Christ auch einmal Sand im Getriebe zu sein anstatt Schmierstoff.Bequemer ist freilich, den Mund zu halten und nichts zu tun, so wie der dritte Knecht. Wer nichts macht, macht auch nichts falsch. Wer nichts falsch macht, macht alles richtig. Solche Logik führt euch dorthin, wo Heulen und Zähneklappern ist – direkt in die Finsternis. Dort regieren die Ängste.
Leben wird so nicht gelingen.
Das Leben wird aber dort zum großen Fest, wo der vergleichende Blick in den Hintergrund tritt.
Jesus erzählt diese Geschichte, weil er deutlich macht: Gott hat dich, liebes Menschenkind mit Talenten ausgestattet. Entdecke sie und nutze sie. Du brauchst dabei nicht auf diejenigen zu schauen, die andere Talente haben und dich darüber ärgern, warum du nicht so bist, wie diese oder jener.
Schaue vielmehr auf dein Talent und nimm dir das Zutrauen deines Gottes in dich zu Herzen. So wirst Du die Chancen deines Lebens, für das Du Verantwortung trägst, nutzen können.

Liebe Konfis,

unsere Gesellschaft braucht dringender denn je junge Menschen, die ihre Talente eben nicht vergraben, sondern in Verantwortung sich trauen, Neues zu wagen. So wie bisher wird es nicht weitergehen. Das habt ihr selber herausgefunden als wir uns in Dresden zur letzten Rüstzeit Ende Februar, kurz vor der Corona-Krise, auch mit diesem Gleichnis beschäftigt haben. Ihr blickt mit berechtigter Sorge auf unsere Umwelt und damit immer auch ein Stück in die eigene Zukunft. Ihr haltet uns Erwachsenen zu Recht vor, bei Klima- und Umweltschutz in den letzten Jahrzehnten versagt zu haben. Bleibt also bitte am Ball, nervt uns und gebt nicht auf!Uns umschleicht ein Gefühl von Unbehagen, wenn wir das Gleichnis von den anvertrauten Talenten das erste Mal hören. Wer viel hat, dem wird auch viel gegeben werden und wer nicht viel hat, dem wird auch noch das Letze genommen. Das muss unfair klingen – ist es aber nicht, wenn wir zum Schlüssel des Gleichnisses kommen. Und der liegt bei dem einen Talent. Gott möchte euch ermutigen. Weil er einer jeden und einem jeden von Euch mindestens eine Sache zutraut, dürft auch ihr euch trauen, daraus etwas zu machen. Das wird nicht immer ohne Risiko von statten gehen. Lieber einmal scheitern als es erst gar nicht versuchen.

Gott will, dass wir die Angst vor dem Versagen überwinden und die Chancen des Lebens nutzen. Aus dem Stillstand will dieser Gott euch herausrufen, damit ihr nicht in der Finsternis, sondern im Licht des Lebens landet. Er fordert von uns keine Überlastung, aber er fordert Verantwortung. Und wenn dieser Schöpfer mir ein Talent anvertraut, dann ist es auch meine Pflicht, es zu nutzen anstatt es zu vergraben. Bringt euch also ein in eure Gemeinde und in unsere Gesellschaft.

Mit eurer Konfirmation feiern wir das Leben – angstfrei und voller Vertrauen in die Güte Gottes, die Liebe Jesu Christi und die Kraft des Heiligen Geistes. Amen.